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Ausländer rein, Ausländer raus!

Während allgemein darüber spekuliert wird, ob die GroKo bereits frühzeitig gegen Ende des Jahres zerfällt oder doch noch bis zur nächsten regulären Bundestagswahl hält, wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen ein „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ beschlossen. SPD-Minister Heil schien stolz darauf zu sein, dass das Gesetzeswerk „sehr sorgfältig vorbereitet“ wurde: „Wir wissen alle, “ so Heil, „dass die Menschen von dieser Regierung, von der Politik insgesamt, erwarten, dass wir große Fragen angehen und konkrete Lösungen liefern. Das tun wir.“ Sehr überzeugt scheinen die Menschen nicht zu sein, denn wie sonst wäre die Krise der SPD und der GroKo insgesamt zu erklären?

Mit dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“  hat die GroKo eine wichtige Weichenstellung vorgenommen, die den Grünen zugutekommen wird: Wenn die Prognosen eintreffen und die GroKo bis Ende dieses Jahres oder spätestens am Ende der Legislaturperiode beendet wird, dann wird diese wichtige Frage nicht mehr ein großes Verhandlungsthema bei der Bildung der nächsten GroKo sein. Das von Seehofer mit Unterstützung der SPD geschürte „Migrationspaket“ ist ein Gesetzespaket, über das sich die zukünftigen Koalitionäre freuen können.

Robuste sozialdemokratische Asylpolitik

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hatte bereits die Richtung vorgegeben: eine „robuste Asylpolitik“ nach dem Vorbild der dänischen Sozialdemokraten. Das bedeutet eine weitere Aushöhlung des Asylrechts. „Wenn die SPD das Gesetz so durchgehen lässt“, heißt es in einem Kommentar in der SZ, „kann sie einpacken.“ Die SPD hat es durchgehen lassen. Was hat sie aber überhaupt noch „einzupacken“, wenn sie bei Umfragen bereits auf 11 % abgestürzt ist?[1]

Der Appell von Pro-Asyl-Geschäftsführer Günther Burkhardt an die SPD-Fraktion „die Notbremse“ zu ziehen, um das „Hau-ab-Gesetz“ zu verhindern, verhallte genauso, wie die Kritik der „Linken“ und Grünen im Bundestag. Thomas Oppermann, Vize-Präsident des Bundestags und Gabriels Parteigenosse, verteidigte die Position der SPD in der Flüchtlings- und Migrantenfrage mit einem bemerkenswert zynischen Satz: „Dass wir eine humanitäre Flüchtlingspolitik und eine progressive Einwanderungspolitik mit knallharten Regeln verknüpfen und diese auch durchsetzen, ist übrigens auch im Interesse von Flüchtlingen und Einwanderern“.[2] Lars Castellucci, der migrationspolitischen Sprecher der SPD, schrieb in einem Tweet ganz offen, wovor sich die sozialdemokratischen Wächter des deutschen Sozial- und Rentensystems besonders fürchten: „Wir wollen keine Einwanderung in Sozialsysteme. Also sollen nur diejenigen einwandern, die eine eigenständige Altersvorsorge aufbauen können.“[3]

Mit dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ haben die Regierungsparteien deutlich gemacht, dass für sie nur deutsche Interessen zähen. Dabei gehen sie pragmatisch nach dem Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche vor: Zuckerbrot für die, die eine fachliche Qualifikation besitzen und damit für Deutschland nützlich sein können. Die Peitsche ist für jene, die keine „Fachkraft“ sind, ökonomisch keinen Gewinn bringen versprechen und eine Belastung für das Sozialsystem darstellen.

Gewinner und Verlierer des „Fachkräfteeinwanderungsgesetzes“

Ein wichtiger Bestandteil des „Gesetzespakets ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Die SPD beansprucht die Durchsetzung dieses Gesetzes als einen Erfolg für sich. „Das ist ein riesengroßer Schritt nach vorne für ein geordnetes Migrationsrecht“, behauptet die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl.[4] „Geordnetes Migrationsrecht“ bedeutet aber nichts anderes, als z. B. Fachkräfte aus Tunesien, Syrien, Armenien nach Deutschland zu holen, um den Bedarf der deutschen Wirtschaft an qualifizierten Arbeitskräften zu decken. Konkret bedeutet das, dass ein Staat Geld in sein Ausbildungssystem investiert, um einen Wissenschaftler auszubilden, der dann von Deutschland angeworben wird. Die deutsche Wirtschaft nutzt das Wissen und die Fähigkeiten des „importierten“ Wissenschaftlers, um seine Wettbewerbsfähigkeit in der globalisierten Weltwirtschaft zu verbessern.

Für die Länder, von denen Fachkräfte geholt werden, bedeutet das einen Verlust, da qualifizierte Arbeitskräfte das Land verlassen. Insbesondere für „Entwicklungsländer“, die kaum über ein entwickeltes Bildungssystem verfügen, ist es schwierig, die ausgewanderten Fachkräfte zu ersetzen. Die Aussichten, dass sie ihre wirtschaftliche Rückständigkeit überwinden, werden dadurch geringer. Auch gesellschaftlich und politisch wird die Migration von Angehörigen der gebildeten Mittelschicht negative Auswirkungen haben. Wer soll in autoritären und undemokratischen regierten Ländern einen gesellschaftlich-politischen Wandel vorantreiben, wenn die Angehörigen der gebildeten, fortschrittlich und demokratisch orientierten Mittelschicht z. B. nach Deutschland auswandern können?

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das angeblich eine „humane“ und „progressive“ Migration ermöglichen soll, ist also vor allem für Deutschland und die deutsche Wirtschaft vorteilhaft. Für die Länder, aus denen die Fachkräfte abgeworben werden, bedeutet das einen enormen Verlust an qualifizierten Arbeitskräften, die sie selbst dringend benötigen, um aus ihrer Armut herauszukommen.

Deutschland wird durch die Anwerbung von Fachkräften Kosten für die Schul- und Berufsausbildung sparen, und die jungen, gut ausgebildeten und günstigen Arbeitskräfte aus dem Ausland werden nicht nur die deutsche Wirtschaft stärken, sondern auch das Sozialsystem. Die SPD prahlt zwar damit, es sei ihrem Einsatz zu verdanken, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in dem Gesetzespaket enthalten sei, aber im Grunde ist es ein Gesetz, dass auch die CDU/CSU oder FDP befürworten, weil es Deutschland und der deutschen Wirtschaft dient.[5] Günstiger sind Fachkräfte sicherlich nicht zu bekommen. Die Regierung hat die gesetzliche Grundlage für die Schnäppchenjagd in der „Dritten Welt“ geschaffen und verkauft das auch noch als eine großzügige und weltoffene Migrationspolitik.

Gesetzlich geregelte Selektion von Menschen

Was hat ein Land wie die kleine Republik Armenien mit ihren knapp 3 Mio. Einwohnern davon, wenn die im Land ausgebildeten Wissenschaftler und Fachkräfte leichter nach Deutschland auswandern können? Das Schul- und Ausbildungssystem des armenischen Staates würde dazu beitragen, die Wirtschaft eines fremden Staates mit Fachkräften zu versorgen. Sicherlich könnten die in Deutschland arbeitenden Armenier mit ihren Überweisungen in die Heimat ihren dortigen Angehörigen helfen, aber letztlich wäre die Migration von Fachkräften und Wissenschaftlern ein Verlust für die Republik Armenien und ein Gewinn für Deutschland.

Was die GroKo als „human“, „progressiv“ und im „Interesse der Flüchtlinge und Migranten“ zu verkaufen versucht, ist eine neue Form der Ausbeutung. Die Menschen, die Deutschland will, werden nicht aus Kanada, Australien oder den USA geholt, sondern aus den ökonomisch schwachen Ländern an der Peripherie der EU oder aus weiter entfernten Regionen. Wer dort eine gute Ausbildung erhalten hat, wird als Fachkraft von Deutschland angeworben. Zurück bleiben lediglich Militärs, die als Fachkräfte der Unterdrückung das Überleben von undemokratischen Regimen sicherstellen.

In der GroKo mag es manche Meinungsverschiedenheiten und Konflikte geben, aber die Flüchtlings- und Migrantenpolitik ist ein Thema, bei dem die Koalitionspartner schnell einig wurden. Sie haben mit dem Gesetzespaket eine Art Menschenselektion gesetzlich geregelt. Rassische Selektions-Kriterien wie in früheren Zeiten werden heute zwar nicht aufgestellt, aber das Prinzip ist ähnlich: es wird nach bestimmten Kriterien selektiert, wer in Deutschland leben darf. Das „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ ist weder „human“ noch „progressiv“, es dient nur den Interessen Deutschlands – Germany first!


[1] https://www.focus.de/politik/deutschland/aktueller-wahltrend-spd-absturz-setzt-sich-fort-gruene-weiter-staerkste-kraft_id_10829749.html

[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article194985637/SPD-Vize-Oppermann-plaediert-fuer-Migrationspolitik-mit-knallharten-Regeln.html

[3] https://www.welt.de/politik/deutschland/article194985637/SPD-Vize-Oppermann-plaediert-fuer-Migrationspolitik-mit-knallharten-Regeln.html

[4] https://www.vorwaerts.de/artikel/spd-freude-einwanderungsgesetz-kritik-geordnete-rueckkehr-gesetz

[5] https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/studie-zu-fachkraeftemangel-deutschland-braucht-jaehrlich-260-000-zuwanderer/23974302.html