Missak Manouchian, ein Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Besatzung in Frankreich, wurde zusammen mit 23 anderen Antifaschisten am 21. Februar 1944 von einem deutschen Erschießungskommando bei Paris hingerichtet. Nach der Exekution brachten die deutschen Besatzer überall in Paris das „Affiche Rouge“, das „Rote Plakat“, an. Darauf waren die Fotos von zehn der hingerichteten Widerstandskämpfer der „Gruppe Manouchian“ abgebildet, die als „Kriminelle“ bezeichnet wurden.
Über Missak Manouchian stand zu lesen: „ Armenier, Chef der Bande, 58 Attentate, 150 Morde“. Die Reaktion der französischen Bevölkerung auf das „Affiche Rouge“ war ganz anders als es die Nazis erwartet hatten: Die Plakate wurden entweder niedergerissen oder mit der Aufschrift „Es lebe der Widerstand!“ versehen. Missak Manouchian und seine Genossen sind als Helden im Kampf gegen den deutschen Faschismus in die französische Geschichte eingegangen.
In dem Buch „L’Affice Rouge – Immigranten und Juden in der Résistance“ Die Geschichte der FTP-MOI (Francs-tireurs et partisans/Main d’oeuvre immigrées, Freischärler- und Partisanen der Arbeitsimmigranten) geht es um die Geschichte einer überwiegend von jüdischen und anderen Migranten zusammengesetzten Widerstandsgruppe unter der Leitung der Kommunistischen Partei Frankreichs.
Missak Manouchian war ein führendes Mitglied der FTP-MOI. Er wurde 1906 in Adiyaman (im Südosten der heutigen Türkei) geboren und erlebte als Kind den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich: „Die Kindheit Manouchians war von den Massakern an seinem Volk geprägt. Er wuchs in der Erinnerung an die Gemetzel von 1894-1896 auf, die mehr als 200.000 Leben gekostet hatten. Beim Tod seiner Eltern, die in dem 1915 von der türkischen Armee veranstalteten Genozid umkamen, war er gerade neun Jahre alt. Von insgesamt 2,3 Millionen Armeniern wurden damals 1,5 Millionen umgebracht. Nachdem er zusammen mit seinem Bruder einige Jahre in einem Waisenhaus in Syrien verbracht hatte, kam Manouchian 1925 nach Frankreich, wo bereits viele seiner Landsleute lebten. Er fand Arbeit als Dreher in den Citroen-Werken. Manouchian engagierte sich zunächst auf kultureller Ebene. Bei seiner Ankunft in Frankreich hatte er außer einigen Heftchen mit Gedichten kaum Gepäck bei sich. Anfang der dreißiger Jahre gab er mit seinen Freunden nacheinander zwei literarische Zeitschriften heraus, Tchank und Machagouyt. 1934 trat er der KPF bei. Als Mitglied einer Gruppe armenischer Kommunisten wurde er Chefredakteur der Zeitung „Zangou“ und dann 1938-1939 Sekretär der Armenischen Volksunion, einer Sammelbewegung für die linken Armenier. (…) Im Februar 1943 teilte ihn die Pariser FTP-MOI dem Ersten Detachement zu. Er beteiligt sich vorbehaltlos am militärischen Kampf, aber er reagierte sehr sensibel auf eine Umgebung, in dem die Schlagwörter „Wirksamkeit“ und „Sicherheit“ hießen und die sich nicht mit Seelenzuständen abgeben konnte. Im Juli 1943 ersetzte er Alik Neuer, den verhafteten technischen Kommissar der Führung. Im August übernahm er den Posten des militärischen Kommissars (…)“.
Ein Überlebender des Völkermords, ein Mensch mit Vorliebe für Literatur und Dichtung, ein Arbeiter und Kommunist übernahm während des 2. Weltkriegs die militärische Leitung einer Widerstandsgruppe, die sich in einem gnadenlosen Kampf gegen die deutsche Besatzungsmacht und ihre französischen Kollaborateure befand. Missak Manouchian, der nach seiner Festnahme genauso wie seine Genossen schwerster Folter ausgesetzt war, schrieb in seinem Abschiedsbrief: „Ich hatte mich freiwillig als Soldat zur Befreiungsarmee gemeldet, und sterbe nur zwei Fingerbreit vom Sieg und vom Ziel entfernt. Viel Glück denjenigen, die uns überleben und die Süße der Freiheit und des Friedens von morgen kosten werden. Ich bin sicher, dass das französische Volk und alle Freiheitskämpfer das Andenken an uns in Ehren halten werden. Im Augenblick des Todes erkläre ich, dass ich keinen Hass gegen das deutsche Volk oder irgendjemanden sonst hege. Jeder wird das bekommen, was er als Strafe oder Belohnung verdient. Das deutsche Volk und alle anderen Völker werden nach dem Krieg, der nicht mehr lange dauern kann, in Frieden und Brüderlichkeit leben. (…) Ich werde bald mit meinen 23 Genossen sterben, mit dem Mut und der Heiterkeit eines Mannes, der ein ruhiges Gewissen hat, denn ich habe persönlich niemandem etwas Böses angetan, und wenn ich es tat, so war es ohne Hass.“